Der Europäische Gerichtshof hat heute entschieden, dass die Begriffe „Aceto„, „Balsamico“ und „Aceto Balsamico“ als Gattungsbegriffe nicht geschützt werden können. Mit diesem Urteil ist es nun auch möglich, dass Hersteller außerhalb von Modena ihre Produkte als „Balsamico“ bezeichnen dürfen. Geschützt sind im Gebiet der Europäischen Union lediglich die Begriffe mit regionalem Bezug „Aceto Balsamico di Modena“, „Aceto Balsamico Tradizionale di Modena“ sowie „Aceto Balsamico Tradizionale di Reggio Emilia“.
Geklagt hatte das Italienische „Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena“ der Dachverband der großen italienischen Balsamicoproduzenten gegen die Balema GmbH, einem regionalen Essighersteller aus Deutschland. Vertreten wurde die Balema GmbH in dem Prozess u.a. durch Lebensmittelrechtler und Anwalt Dr. Christofer Eggers von der Kanzlei Squire Patton Boggs / zu Beginn WilmerHale lt. Juve. Geschäftsführer der Balema GmbH, Theo Berl, äußerte sich in einem aktuellen Artikel der taz erfreut über den Sieg und kündigte gleichzeitig an, dass er bald keinen Essig unter der Bezeichnung „Balsamico“ mehr verkaufen würde. Begründet hat er dies durch die schlechte Qualität der handelsüblichen Balsamico-Essige mit dem blau/gelben Siegel von der er sich nun mit seinen Produkten unter der Bezeichnung „Balemasam“ absetzen möchte. Auch der Verband kulinarischer Lebensmittel begrüßt in seiner Meldung die Entscheidung und damit verbundene Rechtssicherheit im Umgang mit dem Begriff Balsamico in Deutschland. Hauptgeschäftsführer des Verbandes Dr. Markus Weck fügt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hinzu: „Balsamico ist der wichtigste Essig für deutsche Verbraucher.“
Das Konsortium hingegen, welches als Kläger auftrat, brachte in einem hier veröffentlichten Statement der Plattform „Il Sole 24 Ore“ seine ganze Enttäuschung zum Ausdruck. Mariangela Grosoli, Präsidentin des Schutz-Konsortiums und Repräsentantin der familieneigenen Acetaia del Duca sprach von einer ungerechten Entscheidung und einem italienischen System, welches seine Forderungen lieber auf regionaler Ebene durchsetzen möchte. (Anmerkung der Redaktion: Vermutlich eine Anspielung auf das erst kürzlich gesprochene Urteil aus Bologna / Italien – welches im Prinzip das Gegenteil des EuGH Urteils zum Ausdruck brachte.)
Das EuGH stellte nun am 04.12.2019 im genauen Wortlaut in Punkt 34 des Urteils fest:
Zudem steht zum einen fest, dass der Begriff „aceto“ ein üblicher Begriff ist, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 1981, Kommission/Italien, 193/80, EU:C:1981:298, Rn. 25 und 26). Zum anderen ist der Begriff „balsamico“ die italienische Übersetzung des Adjektivs „balsamisch“, das keine geografische Konnotation hat und, bezogen auf Essig, üblicherweise zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet wird. Es handelt sich daher ebenfalls um einen üblichen Begriff im Sinne der in Rn. 26 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung.
Quelle: Urteil des EuGH vom 04.12.2019 & Pressemeldung des Gerichts.
Der Bundesgerichtshof hatte die Frage damals zur Klärung der Verwendung der nicht geschützten Einzelbestandteile einer geschützten Bezeichnung an das EuGH abgegeben und bekam nun mit diesem Urteil eine Antwort.
Mit dem Urteil kann man davon ausgehen, dass zukünftig mehr Produkte auf den Markt schwemmen werden, welche sich als „Balsamico“ oder „Aceto Balsamico“ bezeichnen und nichts oder wenig mit dem Original aus Modena zu tun haben. Umso bedeutender werden die geschützten Bezeichnungen in Verbindung mit den I.G.P. Siegel (gelb/blau) sowie dem Spitzenprodukt dem Aceto Balsamico Tradzionale mit seinem gelb-roten D.O.P. Siegel.
Lernen Sie mehr über die Unterschiede der Balsamico-Typen und Bezeichnungen.